KLAUS-KUHNKE-INSTITUT
für Populäre Musik

Radio Bremen
(seit 1945)



Erstes Funkhaus von Radio Bremen

Mit dieser Rundfunkanstalt hat es gewissermaßen angefangen. Zwar hatte es schon ab 1924 den "Sender Bremen" gegeben, aber erst nach Kriegsende im Jahr 1945 wurde "Radio Bremen" von der US-amerikanischen Besatzungstruppe bzw. Militärregierung gegründet. Seit 1950 gehört Radio Bremen zu den ARD-Rundfunkanstalten und ist somit ein öffentlich-rechtlicher Sender. Die ersten Jahre wurde ein reines Radioprogramm ausgestrahlt, in den frühen 1960er Jahren kam das Fernsehprogramm hinzu. Sukzessive entstanden mehrere Hörfunkprogramme (Radio Bremen 1, 2, 3 und 4), die sich in unterschiedlicher Gewichtung der Populären Musik zuwandten.

Anfangs spielte Jazzmusik eine relativ große Rolle, dann öffnete man sich mehr und mehr der Blues-, Folk- und vor allem der Rock-Musik (inkl. Rock'n'Roll und Beat). In diesem Kontext formierte sich Mitte der 1960er Jahre eine Gruppe junger Rundfunkjournalist:innen, die anfingen, sich verstärkt mit aktueller Populärer Musik und ihrer Geschichte auseinanderzusetzen. Das Fernsehprogramm von Radio Bremen startete 1965 die Sendung "Beat-Club", die erste Musik-TV-Sendung im deutschsprachigen Fernsehen, welche speziell für junge Leute produziert wurde. Sie entwickelte sich schnell zu einem großen Publikumserfolg und prägte eine ganze Generation.
Mehr Infos: https://www.radiobremen.de



Archiv für Populäre Musik
(seit 1975)



Der ursprüngliche Standort am Ostertorsteinweg 3 in Bremen

Klaus Kuhnke, Manfred Miller und Peter Schulze, drei junge Rundfunkjournalisten bzw. Jazz- und Popredakteure in ihren Zwanzigern, waren seit Ende der 1960er bzw. Anfang der 1970er Jahre bei Radio Bremen tätig. Regelmäßig standen sie vor dem Problem, nicht genügend Informationen zur Verfügung zu haben zu eigentlich populären Künstler:innen und Bands aus der Vergangenheit und Gegenwart. Der Popmusik-Journalismus steckte noch in den Kinderschuhen und die akademische Musikforschung zeigte keinerlei Interesse an historischer, geschweige denn aktueller Populärer Musik. In universitären Disziplinien wie der Musikwissenschaft, Musiktheorie oder Musikpädagogik galt Popmusik zu jener Zeit noch als wertloses Teufelszeug. Stattdessen beschäftigte sich die etablierte Musikforschung fast ausschließlich mit der Tradition der klassischen europäischen Kunstmusik.

Diesem Zustand wollten die drei jungen Männer etwas entgegensetzen. Sie waren der festen Überzeugung, dass es sich lohne, Materialien zur Geschichte und Gegenwart Populärer Musik zu sammeln und diese zu archivieren. Anfang der 1970er Jahre starteten sie ein großangelegtes Projekt: die Sendereihe "Roll over Beethoven" zur Geschichte der Popmusik bei Radio Bremen. Für die Recherchen besorgten sie sich viele Ton-, Text- und Bild-Quellen. Außerdem wurden sie als Mitarbeiter des Rundfunks ohnehin regelmäßig von Plattenfirmen mit den neuesten Tonträgern bestückt. Bald wurde klar, dass die zusammengetragenen Informationsquellen einen eigenen Platz benötigen, um gemeinsam damit arbeiten zu können. Also mieteten Klaus Kuhnke, Manfred Miller und Peter Schulze eine Wohnung im Ostertorsteinweg 3 (für 500 Mark pro Monat) und verbrachten ihre privaten Musiksammlungen dorthin.

1975 gingen sie unter dem Namen "Archiv für Populäre Musik" an die Öffentlichkeit und stießen auf reges Interesse, vor allem bei (Musik-)Lehrer:innen, aber auch vonseiten der Presse. Als Rechtsform für das Archiv wählten sie die gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH). Sie begannen damit, gezielt Lücken in ihrer gemeinsamen Sammlung zu füllen, wodurch diese rasch anwuchs. Peter Schulze bezog dann die Wohnung unter dem Archiv und später stieß Klaus Kuhnke hinzu. Eine Zeit lang bildeten die beiden eine Wohngemeinschaft, bevor Peter Schulze auszog und Klaus Kuhnke fortan alleine dort wohnte. Insofern hatten die beiden einen kurzen Weg in das Archiv über ihnen und konnten sich so - zumeist des Nachts - der ehrenamtlichen Archivarbeit widmen. Bereits 1983 begannen sie mit der elektronischen Erfassung, damals noch auf Datenbändern. Zuvor hatten sie erste Kataloge handschriftlich oder mithilfe einer Schreibmaschine angelegt.

Mitte der 1980er Jahre konnten erstmals Archiv-Mitarbeiter angestellt werden, die über eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der Stadt finanziert wurden. Im Zeitraum von vier Jahren (1985-1989) gaben zeitweilig bis zu vier Personen gleichzeitig Daten in die eigens entwickelte Datenbank ein. Auf diese Weise konnten große Teile der damaligen Bestände mithilfe von EDV-Technik erfasst werden (erst 1991 konnten die Datenbänder auf ASCII-Disketten überspielt und von einem PC angezeigt werden). Einer der Mitarbeiter aus dieser Zeit, genauer gesagt Ulrich Duve, wurde späterhin Leiter des Klaus-Kuhnke-Archivs für Populäre Musik.



Bear Family Records
(seit 1975)



Richard Weize im (Geschäfts-)Keller seines Altbremer Hauses in der Goethestrasse

Mit dem Mailorder-Service und Plattenlabel Bear Family Records, das von Richard Weize gegründet und 40 Jahre lang geleitet wurde, ist das Klaus-Kuhnke-Archiv bzw. -Institut von Anfang an eng verbunden gewesen. Weize startete sein Unternehmen ebenfalls 1975. Erster Firmensitz war damals Harmenhausen (nahe Bremen), doch schon nach kurzer Zeit zog Weize mit Firma und Familie nach Bremen in die Goethestrasse. Das Altbremer Haus wurde aber bald zu eng für den aufstrebenden Geschäftsmann/Idealisten und seine zahlreichen Aktivitäten, und so wechselte er innerhalb Bremens in die Eduard-Grunow-Strasse. 1986 erfolgte schließlich der Umzug nach Vollersode, 40km nördlich von Bremen. Nach dem Verkauf des Unternehmens (durch Richard Weize) im Jahr 2016 hat Bear Family Records seinen Sitz heute in Holste-Oldendorf.

Zwischen Bear Family Records und dem KKI gab und gibt es einen kontinuierlichen fachlichen und sachlichen Austausch. Anfangs nutzte man sogar teilweise dieselbe Infrastruktur. Noch heute bestückt Bear Family Records - mittlerweile ein weltweit geschätztes und mit Preisen dekoriertes Unternehmen - unser Archiv mit den neuesten Veröffentlichungen. Richard Weize nimmt seit 1988, dem Todesjahr von Klaus Kuhnke, dessen Rolle als KKA/I-Mitgesellschafter ein und unterstützt uns seither mit seinem Know-How und Netzwerk.
Mehr Infos: https://www.bear-family.de sowie https://andmorebears.com



Hochschule für Künste Bremen
(seit 1988)



Das Gebäude des Fachbereichs Musik der HfK Bremen in der Dechanatstrasse 13-15

Seit 1988 existiert die Hochschule für Künste Bremen im wissenschaftlichen Rang einer künstlerischen Hochschule. Ihre Wurzeln reichen jedoch zurück bis ins 19. Jahrhundert. Wichtiger Ausgangspunkt war 1873 die Gründung der »Entwurfsklasse des Gewerbemuseums«, die in Bremen in der Hochphase des Historismus aus der Taufe gehoben wurde. Nur fünf Jahre später wurde auch die professionelle Musikausbildung in Bremen etabliert, zunächst noch im privaten Rahmen, ab 1893 als »Conservatorium der Musik«. Beide Institutionen entwickelten sich in den folgenden Jahrzehnten unabhängig voneinander. Die 20er Jahre sahen eine »Kunstgewerbeschule« (1922), später eine „Nordische Kunsthochschule (1933) sowie eine »Städtische Singschule« (1935) und eine »Nordische Musikhochschule« (1942).Nach dem Krieg firmierten die Ausbildungsstätten als »Staatliche Kunstschule« (1946) und „Hochschule für Gestaltung« (1970) sowie als »Bremer Musikschule« (1948) und »Konservatorium« (1965), bis 1979 mit der »Hochschule für gestaltende Kunst und Musik« der Zusammenschluss erfolgte.

Die Struktur der heutigen Hochschule wuchs seit den 1970er Jahren durch den Zusammenschluss von bislang eigenständigen Institutionen und mündete 1988 in die heutige Hochschule für Künste mit ihren beiden Fachbereichen 1) Musik sowie 2) Kunst und Design. 1993 wurde mit dem Ziel einer starken Profilierung der Bremer Musikausbildung die bis dahin private »Akademie für Alte Musik« der HfK angegliedert. Zwei Jahre zuvor (1991) war bereits das Klaus-Kuhnke-Archiv für Populäre Musik in die noch relativ junge HfK Bremen integriert worden.
Mehr Infos: https://www.hfk2020.de



Klaus-Kuhnke-Archiv
für Populäre Musik
an der HfK Bremen
(seit 1991)



Ulrich Duve, der ehemalige Leiter des Klaus-Kuhnke-Archivs, vor der Vinylsammlung im Jahr 2014

Bei Gründung der HfK Bremen wurde seitens der zuständigen senatorischen Behörde angeregt, auch ein Studienangebot für den Bereich Populäre Musik aufzubauen. Zu diesem Zeitpunkt glich diese Aufforderung noch einem Sakrileg und so übte sich der neuformierte Fachbereich Musik vorerst in Ignoranz. Um der wenig geschätzten Populären Musik gewissermaßen ein Hintertürchen zu öffnen, lancierte ein findiger Senatsrat bzw. Hauptabteilungsleiter Wissenschaft im Jahr 1991 den Umzug des "Archivs für Populäre Musik" - das seit dem Tod von Klaus Kuhnke (1988) in "Klaus-Kuhnke-Archiv für Populäre Musik" umbenannt worden war - in die Kellerräumlichkeiten der HfK in der Dechanatstrasse 13-15, wo der Fachbereich Musik angesiedelt war und ist. Am 4. November 1991 wurde das KKA dort offiziell eröffnet. 1992 wurde das KKA vom Bremer Senator für Bildung und Wissenschaft dann zum eigenständigen (An-)Institut der Hochschule ernannt. Seither finanziert die für die Bremer Wissenschaft zuständige senatorische Behörde das KKA.

In den 1990er Jahren gab es zaghafte Versuche von einigen Lehrbeauftragten, Populäre Musik - oder wenigstens Jazz - im Lehrbetrieb der HfK zu verankern, allerdings mit mäßigem Erfolg. Erst um die Jahrtausendwende wurde damit begonnen, einen genuinen Studiengang für Jazz und jazzverwandte Musik aufzubauen. Hierbei spielte das KKA eine gewisse Rolle, da die notwendigen Lehranteile zur Jazzgeschichte von der Archivleitung (Peter Schulze & Ulrich Duve) beigesteuert werden konnten. Außerdem hatten alle Lehrenden und Studierenden des Jazzstudiengangs von Anfang an die Möglichkeit, auf die Bestände des Archivs zuzugreifen, das - unter anderem - unzählige Materialien zur Jazzgeschichte bereithält.

Neben den hausinternen Mitarbeiter:innen und Studierenden der HfK wurde das KKA weiterhin von externen Interessent:innen genutzt, das heißt von professionellen Musiker:innen und Musikforscher:innen, aber auch von Studierenden anderer Fachrichtungen (aus dem In- und Ausland). Darüber hinaus gab es stets sporadische Besuche von Musikliebhaber:innen bzw. Sammler:innen, Musikjournalist:innen und (touristischen) Laien aus Bremen, der Umgebung sowie dem gesamten deutschsprachigen Raum. Einige davon wurden sogar zu Stammgästen.

Ulrich Duve war 1991 Leiter des Archivs geworden. Er versuchte - mit den überschaubaren Mitteln, die damals zur Verfügung standen -, weitere Mitarbeiter:innen zu gewinnen. Seit 1997 arbeitet Till Neurath in Teilzeit mit, seit 1999 André Feldhaus, ebenfalls auf Teilzeit-Basis. Gleiches gilt für Andreas Herrmann, der viele Jahre später (2017) dazukam. Zwischenzeitlich gab es eine Menge an freiwilligen Helfer:innen und Praktikant:innen.

Unterdessen wuchsen die Sammlungsbestände kontinuierlich an und das Archiv erreichte fast seine Kapazitätsgrenze, sodass es immer mal wieder Anläufe gab, eine neue Heimstätte für das KKA zu suchen. Letztlich haben wir uns jedoch für die HfK Bremen (bzw. den Fachbereich Musik in der Dechanatstrasse) als Standort entschieden, einfach weil die Vorteile überwiegen. In jüngster Zeit ist ein Außenlager angemietet worden, um die permanenten Neuzugänge unterbringen zu können.



Klaus-Kuhnke-Institut
für Populäre Musik
an der HfK Bremen
(seit 2022)



Der Musikwissenschaftler und Wissenschaftsmanager Nico Thom entwickelt seit Anfang 2022 das Archiv weiter und hat mit dem Ausbau zum Forschungsinstitut begonnen

Im Januar 2022 erfolgte ein Generationenwechsel im KKA. Ulrich Duve, der dreißig Jahre lang die Geschicke des Archivs geleitet und zuvor bereits fünf Jahre als Mitarbeiter des Archivs gewirkt hatte, ging in den wohlverdienten Ruhestand (und wurde zum designierten Mitgesellschafter). Sein Nachfolger wurde der Musikwissenschaftler und Wissenschaftsmanager Nico Thom. Gemeinsam mit Ulrich Duve und dem Gesellschafter:innen-Gremium um Peter Schulze entstand die Vision, das Archiv auf breitere Füße zu stellen, proaktiv die eigenen Bestände zu erforschen und sich an den transnationalen Debatten der Popular Music & Jazz Studies zu beteiligen. Ein erster Schritt in diese Richtung war die Umbenennung in "Klaus-Kuhnke-Institut für Populäre Musik - Archiv & Forschungsstätte an der Hochschule für Künste Bremen". Mit dieser partiellen Namensänderung wurde erst einmal nur nach außen kenntlich gemacht, dass das Archiv bereits seit dreißig Jahren ein Institut der HfK Bremen ist, was zu diesem Zeitpunkt die Wenigsten wussten.

Als Institut mit der Rechtsform einer gGmbH haben wir gewisse Rechte und Pflichten. Neben der andauernden Pflege und der EDV-gestützten Erfassung der Archivbestände ist die sukzessive Digitaliserung gefährdeter Materialien ein notwendiger Prozess für ihren langfristigen Erhalt. Der Ausbau des KKI-Servers spielt dabei eine große Rolle. Mit der neuen Website, die am 13. Mai 2022 online gegangen ist, können die Aktivitäten des Archivs bzw. Instituts fortan noch transparenter gemacht werden. Geplant sind der Aufbau eines KKI-Onlinemagazins namens "S[æ]itenanschläge" sowie Forschungsprojekte - zum Teil durch Drittmittel finanziert - zu selbstgesetzten Themen, deren Ergebnisse durch Vorträge, Tagungen, Ausstellungen und diverse (Online-)Publikationsformen öffentlich gemacht werden sollen.